
Das ist der Anfang vom Ende
das ist die Welt
die Welt ist ein Bauch
überzogen von Narben
daraus kommst du, davon gehst du.
In deiner Sprechblase ist dann kein Wort, nur ein Schrei vielleicht,
in Stein gemeißelt oder
ein Suchergebnis im World Wide Web.
Siehe, das ist das Kind
seine Worte sind oh ah ma dada
es leckt sie rund wie Kiesel
die Sprache ist sein Meilenstein, sein Spiel
„Es tanzt ein Bibabutzemann in unserm Kreis herum.“
Über den Stein stolpert das Kind, die Hände voraus,
fünffingriger Abdruck im Sand.
Das Kind, es wächst mit den Sommern, die nie enden und
nach Freibad riechen, Pommes und Teer.
Seine Zeit ist ein Loch, in das die Ideen fallen und Träume.
Hörst du ihr Echo? Es wächst die Hauswand entlang
und malt, was es gibt und braucht: Eis am Stiel, Ohrenschützer. Blindenschrift.
Die Sprechblase ist übervoll. Das Gehirn des Kindes ist ein Trampolin.
Von hier schwingt es sich auf.
Siehe, das ist das Puber-Tier.
Es herrschen stürmische Zeiten
Extremwetter Klimawandel Starkregen. Die Welt ächzt und
das Pubertier, das ein Kind war, trägt jetzt in sich das Schweigen aller Lebewesen.
Daraus wächst sein Ich.
Nur ein falsches Wort oder die fehlende Tat und
es brüllt heraus die Wut, die dir längst fehlt:
„Wie könnt Ihr es wagen? Ihr habt mir meine Kindheit, meine Träume gestohlen!“
Und du, du erkennst es nicht wieder.
Es stößt dich vor den Kopf.
Es bricht auf und es lässt dich zurück
zurück in deinem erwachsenen Hamsterrad,
in der Tretmühle deines faden Alltags, in dem Dir oft die Worte fehlen.
Sie sind aufgebraucht für Exceltabellen und falsche Diskussionen,
in denen du der Rechthaber bleiben musst. Ehrensache und
eine Frage des Geldes.
Du lebst von den Resten deines müden Sommers am Meer.
Als Tourist rennst durch die Gassen deines Lebens
die Häuser ducken sich, ihre Fensterläden sind vom Salz zerfressen und
ihre Mauern vom Sand mürbe wie du. So oft.
Vielleicht ist etwas geblieben von dir, da am Strand,
etwas, das Du bist. Inventur.
*1 Strandburg 2 Handtücher 1 Badehose 1 Bikinioberteil
flatternd im Wind auf der Wäscheleine in der Calle Picasso No. 5,
Kanarische Inseln, Reise gebucht mit Thomas Cook
*1 Haargummi, 1 zerlesenes Taschenbuch – Titel „Donald Duck beschließt zu leben“
* auf dem Fensterbrett der Finca die Steuererklärung für dieses Jahr,
gefaltet zu kleinen Booten aus Papier
* auf dem Boden die letzten Krümel eines Glückskeks’, den Zettel mit dem Spruch
hast du aufbewahrt. Zerknüllt, Hosentasche links:
„Der Mensch ist dazu geboren, Großes zu leisten,
wenn er versteht, sich selbst zu besiegen.“
Bruce Lee,
word!
Siehe, das ist der Greis, der sich jetzt Best Ager nennt.
Er schleppt ein Paket mit sich herum, das heißt
Erfahrung oder Weißheit, vom Leben mit Verspätung zugestellt.
Manchmal kommt er sich dabei vor wie Atlas, der den Himmel stützt,
dort am Rande der Welt.
Das ist der Mensch.
Seine Lebenserinnerungen wiegen schwer und sind doch ganz leicht.
Gedruckt auf Zeitungspapier machten sie beispielsweise bei Urs Seematter,
einem anerkannten Archäologen,
circa 5 Gramm aus.
Außerdem 10 x 10 Zentimeter Text in der lokalen Tageszeitung, mit Bild.
Zitat:
Der Forscher, dem vor vier Jahren auch der spektakuläre Fund eines prähistorischen Schuhs zugeschrieben wurde, hat im hohen Alter eine neue Berufung gefunden.
Der ehemalige Leiter eines privaten archäologischen Instituts widmet sich nun „ringförmigen Zeichen der Zivilisation der Moderne am Walensee“ (Kantone St. Gallen/Glarus).
Diese Zeichen ließen sich, so Seematter, durchaus mit Gebilden aus dem Spätneolithikum vergleichen.
Frage des Journalisten: Heißt das, wir drehen uns im Kreis?
Doch der renommierte Forscher möchte zum jetzigen Zeitpunkt aus diesen Ergebnissen noch keine eindeutigen Rückschlüsse auf die tatsächliche Entwicklung der Menschheit ziehen.
„Das wäre zu voreilig“, betont er.
Das ist das Ende vom Anfang.
das ist die Welt
die Welt ist ein Bauch
überzogen von Narben
daraus kommst du, davon gehst du.
In deiner Sprechblase ist dann kein Wort, nur ein Schrei vielleicht,
in Stein gemeißelt oder
ein Suchergebnis im World Wide Web.
Die die vor uns waren, sind die, die nach uns kommen.
Wir aber gingen so
Ein unaufhörliches Poem; für Dieter Luz und Peter-Michael Weber
(zur Ausstellung „Mühle – Spiel. Elemente aus Nyonyosi)
© Text und Foto: Karin Kontny